Steff Signer

*1951 in Hund­wil ge­bo­ren. Ste­fan Si­g­ner, «Infra Steff», ist Band­lea­der, Kom­po­nist, High­matt-Poet, Pläss-Maler und hat be­reits als Han­dels­schü­ler an der Kan­tons­schu­le eine erste Band ge­grün­det. Mu­si­ka­lisch pen­del­te er stets zwi­schen Volks­mu­sik, Rock, Schla­ger und mo­der­ner Klas­sik. Er hat eine Oper ge­schrie­ben und liess sich von Frank Zappa, von Va­rè­se und Stra­wins­ky be­ein­flus­sen. Heute lebt er zu­rück­ge­zo­gen in He­ris­au und tritt ab und zu als re­bel­li­scher Hen­der­län­der mit ver­schärf­tem Ap­pen­zel­ler Di­a­lekt und Hang zu da­da­is­ti­schen Ak­ti­o­nen auf. (Text: Han­spe­ter Spör­ri)


Der Sen­nen­hund als Si­be­siech
Steff Si­g­ners «Pläss» kann mehr als Bel­len, Kühe hüten und den Hof be­wa­chen. Er ist die Pro­jek­ti­ons­flä­che für Un­aus­sprech­li­ches und Mensch­li­ches.

Der Hund, ein Stück Hei­mat: Der Bläss ge­hört ins Ap­pen­zel­ler­land. Hier ist er Ar­beit­s­tier, Hof­hund, Haus­tier. Er treibt die Kühe an, hält sie auf dem Weg, be­wacht das Grund­s­tück, be­glei­tet seine Men­schen und ver­bellt die an­de­ren. Aus­ser­dem schwingt sich der Bläss von der Kin­der­schau­kel, trägt seine Art­ge­nos­sen hu­cke­pack, tanzt und ku­gelt durch die Welt – wenn Steff Si­g­ner ihn zu Pa­pier bringt. Der Bläss kann viel, in Si­g­ners Bil­dern kann er noch mehr. Hier heisst er «Pläss» und ist ein Tau­send­sas­sa, ein Si­be­siech, aber einer mit Herz und Seele. Steff Si­g­ner lässt ihm die Trä­nen aus den klei­nen roten Augen kul­lern, Luft­sprün­ge voll­füh­ren oder ins sprich­wört­li­che Un­g­lück stür­zen. Er ist nicht län­ger der Sen­nen­hund mit Post­horn­schwanz, son­dern ein uni­ver­sa­les Wesen. Das funk­tio­niert auch dank der Re­duk­ti­on: Steff Si­g­ner setzt seine «Pläss» aus we­ni­gen mar­kan­ten For­men und Stri­cken zu­sam­men und ver­zich­tet auf drei­di­men­si­o­na­le Ef­fek­te. Er greift auf ein For­men­re­per­toire zu­rück, das er be­reits als 14-jäh­ri­ger Kan­tons­schü­ler am Bei­spiel einer Katze und eines Stiers ent­wi­ckelt hat: Der Kör­per ist als schwa­r­ze Flä­che dar­ge­stellt, die Beine sind schma­le Stri­che und der Kopf ist ein gleich­sei­ti­ges Drei­eck. Die­ses ist beim «Pläss» gelb. Darin sit­zen zwei rote Punk­te für die Augen und ein etwas grös­se­rer für die Schnau­ze. Ohren und Schwanz sind eben­falls schwa­r­ze Stri­che.

Mehr braucht ein «Pläss» nicht, um sich als Iden­ti­fi­ka­ti­ons­fi­gur zur Ver­fü­gung zu stel­len. Er agiert als der Hof­narr, der sagen darf, was der Eti­ket­te wi­der­spricht. Er bricht Tabus und legt seine ei­ge­ne, oft me­lan­cho­li­sche Ge­fühls­welt offen dar. Steff Si­g­ner schreibt dem «Pläss» die Aus­sprü­che, Ge­dan­ken und Flü­che di­rekt ins Bild. Mit­un­ter greift er dabei aufs Jid­di­sche zu­rück, das er als kraft­vol­le Spra­che schätzt. Text und Mo­ti­ve sind eng ver­floch­ten und mit Or­na­men­ten er­gänzt. Oft sitzt die Schrift auf ei­gens plat­zier­ten Fa­rb­strei­fen oder -fel­dern. Sie prangt mit­ten im Bild oder rahmt die Mo­ti­ve. So ver­flech­ten Steff Si­g­ners Bil­der Ele­men­te aus der Volks­kul­tur mit sol­chen aus Gra­phic No­vels und der Na­i­ven Kunst. Wie­der­ho­lun­gen und Rei­hun­gen spie­len eine wich­ti­ge Rolle. Der Bläss tritt so­wohl als So­list, als auch im Rudel auf oder in For­ma­ti­o­nen, die an Al­pauf­zü­ge er­in­nern. Er be­herrscht das Bild als mo­nu­men­ta­le Form oder wu­selt in Mi­nia­tur­grös­se darin herum. Da­ne­ben tref­fen zarte Mus­ter und ge­tüp­fel­te Li­ni­en auf geo­me­tri­sche Flä­chen in star­ken Fa­r­ben. Letz­te­re neh­men Bezug auf die gel­ben Hosen und roten Wes­ten der Sen­nen, auf das Blau, wie es die Berg­se­en spie­geln. Der schwa­r­ze ovale Kör­per des «Pläss» hin­ge­gen steht für das schwa­r­ze Ge­fühl, wie es sich auch im Ap­pen­zel­ler­land ein­stel­len kann: «Pläss»-Bil­der trans­por­tie­ren das Brauch­tum und die Land­schaft, die Ver­bun­den­heit zwi­schen Men­schen und Tie­ren, die Ge­müts­zu­stän­de und Le­bens­hal­tun­gen auf präg­nan­te, un­mit­tel­ba­re Weise. Steff Si­g­ners künst­le­ri­scher Aus­druck steht in der Tra­di­ti­on na­i­ver Ma­le­rei aus dem Hin­ter­land. Mit ein­fa­chen Ma­te­ri­a­li­en und we­ni­gen Fa­r­ben, mit Geist und guter Be­ob­ach­tungs­ga­be bringt er Si­tua­ti­o­nen zu Pa­pier, die ihre Wur­zeln im Ap­pen­zel­ler­land haben, aber weit dar­über hin­aus ver­stan­den wer­den. (Text: Kris­tin Schmidt, Mai 2023)

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