Es gibt keine Anderen
In der Hochhaussiedlung Tscharnergut im Westen Berns leben Saatkrähen und Menschen in enger Nachbarschaft. Aus dem obersten Stock eines Wohnblocks, um dessen Abriss und Neubau ein Rechtsstreit zwischen Verwaltung und Heimatschutz schwelt, dokumentieren und beobachten Johannes Werner und Sarah Elena Müller die Saatkrähnenkolonie vor ihrem Fenster. Horchen in den Schwarm, in die Baumwipfel und den Block, sammeln Stimmen und Geräusche des Mit- und Nebeneinanders.
In der für die Kulturlandsgemeinde Echo 2024 entstandenen Collage «Es gibt keine Anderen» kommen die Stimmen der alteingesessenen Mieterin C. Schneeberger und der Architekturhistorikerin A.C. Schröter mit Videomaterial von Nestbau, Brut und Aufzucht aus der Krähenkolonie zusammen. Für welche Anspruchsgruppen wurde und wird hier gebaut? Wer denkt sich die Massnahmen aus, um Gemeinschaftssinn und Heimatgefühle gleich mit zu verdichten? Und wie kann sozialer Kitt und Beständigkeit von innen heraus entstehen, wenn die Mieter*innenschaft sich ihres bloss temporären Bleiberechts bewusst ist, kurz vor dem Abriss? Architekturgeschichte, Astgabeln, Mitspracherecht, Gemeinschaft, Nestbau und medialisierte Aussensichten treffen in «Es gibt keine Anderen» aufeinander, während die Saatkrähen ihre Nester bauen, den Nachwuchs pflegen und ihre Nachbarn plündern.
Zu den Gesprächen, welche die komplexe Anspruchslage rund um das Abrissobjekt auffächern, Innen- und Aussensicht vergleichen, mischen sich verfremdete Klänge ins Krähengeschehen. Ihre Rufe zerfallen zu einzelnen Klangpartikeln, schichten und überlagern sich, bilden Harmonien und Dissonanzen oder verdichten sich zur geeinten Stimme ihres Verbunds.
Dauer Videoloop: 30:01
Dank: Charlotte Schneeberger, Anne-Catherine Schröter