wohl oder übel
Kulturlandsgemeinde 2013, Gais
Zwischen Fitness und Burnout, Heilmitteln und Krankmachern
Gesundheit ist eines der Leitthemen der modernen Gesellschaft. Jede und jeder einzelne ist betroffen – wohl oder übel. Die Kulturlandsgemeinde 2013 kümmerte sich um unsere Gesundheit – auf Plattformen, in Debatten, mit Selbstversuchen, in Behandlungszimmern und mit Kunst-Interventionen. Während zweier Tage suchten Kunstschaffende und Fachleute aus Medizin, Ökologie, Politik und Küche zusammen mit dem Publikum im Kurort Gais nach Rezepten für den Patienten Gesundheit.
«Was wir diskutiert haben und wie wir argumentierten, weiss ich nicht mehr. Geblieben sind aber zahlreiche Erinnerungen an inspirierende Heilungsmethoden und viele wohltuende Begegnungen.»
Erinnerungen
Der Kulturlandsgemeinde ist es immer wieder gelungen, gesellschaftspolitische Themen und Fragestellungen auf originelle Weise zu diskutieren: vielschichtig und vielstimmig, ernst und heiter, kreativ und kunstvoll. 2013 in Gais, dem ehemaligen Molkenkurort, widmete sich die Kulturlandsgemeinde der «Gesundheit». Im selbsternannten Gesundheitskanton Appenzell Ausserrhoden eine delikate Aufgabe. Auf einer der drei Plattformen war ich als Gesundheitsdirektor gefragt. Was wir diskutiert haben und wie wir argumentierten, weiss ich nicht mehr. Geblieben sind aber zahlreiche Erinnerungen an inspirierende Heilungsmethoden und viele wohltuende Begegnungen.
Schon seit 5 Uhr wach. Die Gedanken kreisen. Habe ich was vergessen? Kommen alle Mitwirkenden pünktlich – oder kommen sie vielleicht gar nicht? Wird die Technik funktionieren? Kommt die Verpflegung an? Kommt überhaupt jemand? An Schlaf ist jetzt nicht mehr zu denken. Es heisst: Aufstehen und früh vor Ort sein. Einen kurzen Moment alleine, durchatmen. Die Aufregung legt sich. Die Techniker kommen, uff. Kurze Besprechung und noch einen Kaffee. Die ersten Teilnehmenden treffen ein. Ich begrüsse (Namen!), spreche mit den Mitwirkenden (Gesichter!). Versuche, den Überblick zu behalten. Es läuft. Abends ist das Ganze vorbei. Ich bin erleichtert, alles hat funktioniert, alle waren da, es gab keine Unfälle und die Räume sind unbeschadet geblieben. Und das, was ich vergessen habe, hat gar niemand bemerkt.
Mitwirkende
Endo Anaconda
Ines Aubert
Dorothee Bachmann
Jürg Baumberger
Susan Boos
Monika Eisenring
Guido Ernst
Marlis Fässler-Dörig
Renate Flury
Sandra Gerber
Hermann Grosser
Simone Gründler
Michael Hug
Stephan Hug
Roland Inauen
Lama Irene
Ruben Jodar
Frank Keller
Jürg Kesselring
Anna Kobelt
Richi Küttel
Nicole Lieberherr
Michaela Müller
Sabeth Oertle Thoma
Jeanne Reppin
Peter Roth
Reto Schoch
Käthi Schrag
Monika Slamanig
Roland Vontobel
Matthias Weishaupt
Stephan Wirz
René Wyler
Konzeptgruppe
Margrit Bürer
Heidi Eisenhut
Gisa Frank
Petra Schmidt
Hanspeter Spörri
Peter Surber
Ueli Vogt
Im Vorfeld der neunten Kulturlandsgemeinde hatten sich Freiwillige für Selbstversuche zur Verfügung gestellt, die von der Autorin Monika Slamanig begleitet und im Internet dokumentiert wurden.
In drei Plattform-Gesprächen diagnostizierten und analysierten Expert:innen aus Kunst und Kultur, Politik und Gesundheit den Körper in Hochform, was aufs Gemüt schlägt und den kranken Planeten. Der Slam-Poet Richi Küttel machte jeweils einen Auftakt. Eine ganze Reihe von Behandlungs-, Bewegungs- und Beratungszimmer luden zu Erkundungen mit Therapien, Rezepten und eigenen Erfahrungen ein: Craniosacral-Therapie mit Käthi Schrag, Wickel und Fussbäder mit Marlis Fässler-Dörig, Akupressur mit Monika Eisenring und Nicole Lieberherr, Fussreflexzonenmassage mit Sandra Gerber, Tai Ch'i mit Guido Ernst, Feldenkrais mit Jeanne Reppin, Fitness mit René Wyler, Kräuterstube mit Roland Vontobel, Krankenkassen-Beratung mit Michael Hug und Stephan Hug, ein Bücherzimmer von der Kantonsbibliothek Appenzell Ausserrhoden und ein Ruhezimmer. Die Kunstschaffenden Renate Flury, Michaela Müller und Frank Keller operierten live und entwickelten künstlerische Eingriffe in die Veranstaltungsräume im Hotel Krone in Gais. Am Samstagabend lud der Musiker und Komponist Peter Roth zu einer der gesündesten Tätigkeiten der Welt: dem gemeinsamen Singen.
Nach einem einstimmenden Gesang am Sonntagmorgen wurde die Sendschrift verlesen und der Musiker und Autor Endo Anaconda hielt eine Rede zum Thema. Und auch gegesen wurde nach allen Regeln der Koch- und Heilkunst: Am Samstag gab es eine interaktive Vespertafel, das Sonntagsbuffet bestand aus 1001 Wildkräutern und Gewürzen.