24. Mai 2023, 17.16 Uhr

Die Ge­mü­se­sup­pe mei­ner Fa­mi­lie

Text: Jo Glaus

Kurz zum Kür­zel Jo: Ich, Jo­han­na Glaus, wurde seit mei­nem Stu­dien­be­ginn in Basel (Geo­gra­fie und Eth­no­lo­gie) um­be­nannt.

So star­te­te ich mein Leben in der für mich ge­wal­ti­gen Stadt mit einem kom­plet­ten Neu­an­fang.

Auf­ge­wach­sen bin ich im kon­ser­va­ti­ven Dorf Muri AG. Ich konn­te dort nie rich­tig Wur­zeln schla­gen und wuchs schnell aus den Gren­zen mei­nes Hau­ses her­aus. An den Wo­chen­en­den flüch­te­te ich mich in ein be­nach­bar­tes Dorf, in wel­chem ich das erste Mal mit Mi­gra­ti­ons­a­r­beit in Kon­takt kam. Diese präg­te mich und meine Zu­kunfts­wün­sche. Schon bald wuss­te ich, dass ich wei­ter­hin in die­sem Um­feld ar­bei­ten woll­te.

Mit 16 flog ich in das Ber­ner Ober­land aus. Dort ver­brach­te ich ein Jahr im In­ter­nat École d’Hu­ma­nité. Mit sei­nen re­form­päd­ago­gi­schen An­sät­zen, den in­ter­na­ti­o­na­len Schü­lern und der fri­schen Ber­g­luft, er­öff­ne­te es mir eine neue Welt und mein ju­gend­li­cher Selbst­fin­dungs­pro­zess setz­te sich fort.

Das be­gon­ne­ne Gym­na­si­um schloss ich im Aar­gau ab. Auch dort stiess ich immer wie­der auf The­men, wie Mi­gra­ti­on, und im Rah­men mei­ner frei­wil­li­gen Ar­beit, auf In­ter­na­ti­o­na­le Ent­wick­lungs­zu­sam­me­n­a­r­beit.

Aus den ge­sam­mel­ten Er­fah­run­gen der Men­schen, mit denen ich in die­sem Rah­men zu­sam­men­traf, und mei­nen ei­ge­nen Er­leb­nis­sen, ge­wann das Wort Hei­mat immer mehr an Re­le­vanz.

Als die Ma­tu­ra­a­r­beit an­stand, war mir klar, dass ich die Be­deu­tung, wel­cher die­ser Be­griff in (mei­nem) Leben hat, wei­ter ver­tie­fen woll­te. So ent­stand meine Ar­beit, ein bun­ter Aus­tausch mit ver­schie­de­nen Men­schen, eine vor­läu­fi­ge De­fi­ni­ti­on und ein Pod­cast aus span­nen­de Ge­sprä­chen.

Es wurde mir be­wusst, wie viele Men­schen im Ver­lauf ihres Le­bens einen Hei­mat­ver­lust er­lei­den. Sei das durch tat­säch­li­che Orts­wech­sel, den Tod eines ge­lieb­ten Men­schen, den Ver­lust eines Kul­tur­gu­tes oder eines an­de­ren Aspekts des per­sön­li­ches Hei­mat­mo­sa­iks.

Die­ser Ver­lust ver­leiht oft ein tie­fe­res Be­wusst­sein für das Thema Hei­mat. So Habe ich für mich her­aus­ge­fun­den, wie wich­tig es ist, in­ner­lich, sowie im ge­gen­wär­ti­gen Mo­ment Raum zu schaf­fen, so­dass man sich selbst ein Zu­hau­se sein kann.

Die­sen Pro­zess habe ich noch nicht voll­en­det. Bis dahin finde ich meine Hei­mat in mei­nen liebs­ten Bü­chern und Me­lo­di­en, in der Mor­gen­son­ne, unter den Bäu­men und in der Ge­mü­se­sup­pe mei­ner Fa­mi­lie.