Text: Jo Glaus
Beim Eintreten durch schwere Vorhänge in einen kleinen Schuppen schwappt einem schon eine Duftwelle von Zedernholz, Zitrusnoten und Yuzu entgegen. Sofort wird man in die kleine Bar hineingesogen; in eine andere Welt.
Michael Bodenmann und Barbara Signer (Barmann*frau und Mitführer*in des Kunstprojekts El Gato Muerto) erzählen davon, wie dieser Mikrokosmos entstand.
Vor dreieinhalb Jahren fand im Kulturkonsulat eine Ausstellung zum Thema «Work Life Balance» statt. Im Rahmen dessen kam die Idee auf, eine Bar zu gestalten. Zwei Wochen bevor die Coronapandemie ausbrach, wurde das Projekt auf die Beine gestellt.
So nahm die Bar schnell einen Stellenwert als Sehnsuchtsort ein. Ein Raum, in dem die Zeit still steht, in dem es nur Geschichten, Gelächter, japanisches Bier und den Moment gibt. In der Bar sticht das Fernweh heute noch, auch wenn die Grenzen wieder offen stehen.
Die Wände tropfen nur so vor Erinnerungsstücken, eigene und fremde Erfahrungen in den lebenden Dingen. Post- und Visitenkarten, Souvenirs, aber auch persönliche Fotografien – darunter ein Bild der Küche in Michaels Elternhaus, welche mit ihren reich bestückten Wänden an die Bar selbst erinnert.
Man fühlt sich, als würde man eine Wohnstube betreten.
Michael erzählt von seiner Zeit in Japan und dass man dort solche engen, «struben» persönlichen Bars an jeder Ecke findet. Die Inspiration ist klar nachvollziehbar. Von Japanische Kult- und Actionfiguren, Flaschen, geschmückt mit japanischen Schriftzeichen, Schallplatten und Miniaturmodellen von Gebäuden über die Auswahl der servierten Getränke, bis hin zur Atmosphäre, zusammengesetzt aus einem Duft, der an japanische Zedernholzhäuser erinnert, dem kleinen Raum, welcher zum Kennenlernen animiert und der Hintergrundmusik.
Tatsächlich sind viele Erinnerungsstücke aus ihrer Zeit in Japan dabei. Die Bar ist jedoch nicht länderspezifisch aufgebaut. El Gato Muerto prangt stolz auf einem Leuchtschild über der <span class="NormalTextRun SCXW841118 BCX2" >span class="NormalTextRun SCXW841118 BCX2">. Dieses hat Michael von seinen Reisen in Argentinien mitgebracht.
Gewisse Kunstwerke sind extra für die Bar angefertigt worden, sei das von Zürcher Künstlern oder beschwipsten Gästen. Weitere Objekte erzählen die Geschichte der Bar selbst. Ein festlich eingerahmter Schlüssel erinnert an den letzten (illegal) besetzten Standort. Bilderreihen an weiteren Standorten zeigen die verschiedenen Gesichter der wandernden Bar.
El Gato Muerto bleibt nicht lange an einem Ort. Die Bar zieht umher, auch über die Landesgrenzen hinaus und beglückt Menschen an den verschiedensten Orten. Sie stagniert nicht, sie wandelt sich je nach architektonischem Raum und individuellem Umfeld. Nie ist sie anonym, sondern unerschrocken intim. So ist und bleibt sie unkonsumierbar.
Für die Gäste kann sie mit ihrem engen Raum eine Plattform zur Interaktion mit anderen Gästen und Barkeeper*innen, mit den Objekten und deren Geschichten, wie schlussendlich auch mit sich selbst führen. So wird sie zu einem kleinen «Safespace», einer Zeitkapsel, in der man einfach mal sein darf.
Die Bar ist immer bedient. Sie ist also kein stilles Kunstwerk, eher eine Mischung aus Performance- Art, szenografischer Interaktionsfläche und Geschichtenstätte.
Nicht nur die Erinnerungsstücke erzählen Geschichten. Die Bar füllt sich auch mit jedem Besuch weiter, mit Anekdoten, neuen «Knick-Knacks» und Musse.
Diese Bar ist für Barbara und Michael ein Stück Heimat, welches sie immer wieder an neuen Orten aufbauen können. Eine fremdbekannte Parallelwelt.
Ich kann nur empfehlen: eintreten, anstossen und ankommen.