
Fotos: Andri Vöhringer
















es heimatet
wir heimaten
Heimat bietet Orientierung, Sicherheit, Verbindlichkeit. All das ist nicht mit Abschottung zu haben, sondern nur in einer offenen, vielfältigen und auseinandersetzungsfreudigen Gesellschaft. Auf diesen Nenner lassen sich die Debatten und künstlerischen Aktionen der diesjährigen Kulturlandsgemeinde vom 18. bis 21. Mai 2023 im Zeughaus Teufen vielleicht bringen. Einem engen, ausschliessenden Begriff von Heimat stellten die Mitwirkenden das Ideal – und die Realität – von Heimat als ständig neu zu verhandelnder Aufgabe gegenüber: «heimaten» als Prozess, als Verb, individuell und kollektiv.
Wo verorten wir – jede:r für sich und als Gesellschaft – Heimat? Was löst überhaupt Heimat-Gefühle in uns aus? Ist Heimat eine Zeit, die möglicherweise immer schon vergangen und noch nicht gekommen ist – Heimat zwischen Nostalgie und Utopie? Welche Risiken und Verantwortungen sind mit der Heimat und insbesondere der Verwendung des Heimat-Begriffs verbunden?
Bearbeitet wurden diese Fragen zum einen in den Werkstätten, wo mit vielfältigen Materialien Heimat geschnitzt, gezeichnet, geschrieben oder gefilzt wurde. Zum andern diskutierten in drei Plattform-Gesprächen rund ein Dutzend Fachleute über Heimat als Gefühl und Identität, und über Körper und Landschaften als mögliche Orte der Beheimatung.
In ihrer packenden und berührenden Sonntagsrede mit dem Titel «Reclaim Heimat» umkreiste die Autorin Samira El-Maawi die Schwierigkeiten einer Heimat, zu der man sich nicht zugehörig fühlt, und plädierte für eine Wiedergewinnung oder Rückeroberung des kontaminierten Heimatbegriffs unter Vorzeichen von Diversität und Toleranz.
Künstlerische Interventionen zum Thema kamen vom Audio- und Duftkünstler marc norbert hörler, von Steff Signer, dem Musiker und Mythologen eines heimatlichen «Henderlands», von der Theatergruppe Café Fuerte und von Michael Bodenmann und Barbara Signer, die ihre Bar «El Gato Muerto» im Schopf neben dem Zeughaus als vielstimmigen Heimat-Stammtisch betrieben.
Visionen für das appenzellische Landschaftsbild in 20 Jahren präsentierte der Heimatschutz AR mit einer Bierdeckel-Aktion, die lebendige Debatten auslöste: etwa zur Zukunft der charakteristischen Streusiedlung und des traditionellen Kreuzfirsthauses, zu den Widersprüchen zwischen Verdichtung und Landschaftsschutz oder zur Nutzung der sensiblen voralpinen Landschaft für die Windkraft.
Gemeinsame Heimat gelingt – das wurde zwischen all den Stimmen, Klängen und Düften deutlich – insbesondere dann, wenn wir nicht Grenzen ziehen und stur an Altbewährtem festhalten, sondern offen und interessiert aufeinander zugehen, wenn wir an den Heimat-Erinnerungen der anderen anknüpfen, uns mutig in den «Hai-Mat» begeben und gemeinsam Visionen für die Zukunft entwerfen und debattieren.
Die Kulturlandsgemeinde Festival 2023 zählte rund 700 engagierte Besucherinnen und Besucher. Wir danken allen Mitwirkenden, Helfer:innen und Besucher:innen für Ihr Interesse, Ihr Mitgestalten und Mitdebattieren während der vier Festivaltage!
Hier finden Sie das Programm der Kulturlandsgemeinde Festival 2023 im Überblick
Andri Vöhringer hat das Festival mit seiner Kamera begleitet: Eine Auswahl seiner Bilder finden Sie in der ersten Bildstrecke.
Ueli Vogt, künstlerischer Leiter der Kulturlandsgemeinde 2023, hat hinter und vor den Festivalkulissen Momente und Begegnungen mit seinem Handy festgehalten: Einige seiner Impressionen finden Sie in der zweiten Bildstrecke.
Rolf Frey von ArtTV.ch hat die Stimmen und Stimmungen im und rund ums Zeughaus Teufen in einer kurzen filmischen Dokumentation zusammengefasst.
Die Kulturlandsgemeinde weiss sich in Sachen Heimat-Befragung in guter Gesellschaft. Verschiedene Institutionen, Kulturprojekte und Initiativen werfen aktuell je eigene Perspektiven auf das vielfältige, komplexe und bewegende Thema.
Wer also rund um und über die Kulturlandsgemeinde hinaus auf Heimat-Suche gehen will, dem:r legen wir hier ein paar spannende Spuren: